Medea
Medea in Kolchis
Medea ist die Tochter des Königs Aietes von Kolchis und seiner Gemahlin Idya. Sie hat zwei Geschwister: Ihre Schwester Chalkope und ihren Bruder Absyrtos, zu dem sie ein besonderes Verhältnis pflegt und dessen Tod sie dazu veranlasst, Kolchis zu verlassen. Sie legt Wert darauf, zu allen Mitgliedern ihrer Familie ein vertrauensvolles Verhältnis zu haben, mit Ausnahme ihres Vaters, der sich durch rücksichtsloses Machtstreben auszeichnet. Medeas Äußeres ist beeindruckend: Sie hat ”braune Haut” (S.17), wildes Wolhaar (ebd., S.63, 72) sowie ”Glutaugen” (S.179 mit ”Goldfunken in der grünen Iris” (S.111). Sie ist den Landessitten gemäß in einen rot-weißen Stufenrock und ein schwarzes Oberteil gekleidet.
In Kolchis bekleidet Medea das Amt einer Priesterin der Hekate (S.92) und ist gleichzeitig als Heilerin und Zauberin tätig. Ihre Funktion füllt sie mit großer Souveränität und Selbstsicherheit aus (S.53f., 59, 61). Außerdem besitzt sie die Gabe des ”[z]weiten Blickes” (S.19) bzw. des ”[z]weite[n] Gesicht[es]” (ebd.), d.h. sie ist eine Seherin. Ihre Mutter bringt ihr darüber hinaus bei, aus den Händen zu lesen (S.13f.). Sie erfüllt daher wichtige, gesellschaftliche Funktionen in Kolchis. Medea verfügt über den sprechenden Namen: Medea bedeutet übersetzt soviel wie ”die guten Rat Wissende”.
Medea tritt sehr selbstbewusst auf, beispielsweise dann, als sie zum ersten Mal Jason und die Argonauten trifft (S.45). So gut wie alle Stimmen im Roman charakterisieren Medea jedoch äußerst negativ. Sie wird als ”stolz” (S.20), ”eitel” (S.22), hochmütig (S.14, 15, 49, 175, 186), ”wild“ (S.18, 109) im Sinne von eigensinnig, ”herausfordernd” (S.47) und als zu selbstsicher und willensstark (u.a. S.18, 19, 21, 47, 49) bezeichnet.
Medea steht der Staatsführung ihres Vaters sehr kritisch gegenüber. Daher schließt sie sich den Kritikern der Regierung an, nachdem sie diese zufällig im Tempel von Hekate getroffen hat (S.92). Daraus geht die Opposition gegen Aietes hervor, deren Mitglieder Medea als ihre Anführerin betrachten (S.30). Spätestens nach dem brutalen Mord an ihrem Bruder...