Christa Wolf

Christa Wolf (geb. Ihlenfeld) wird am 18.3.1929 in Landsberg an der Warthe (heute Polen: Gorzów Wielkopolski) als Tochter der Kaufleute Otto und Herta Ihlenfeld geboren, die dort ein Lebensmittelgeschäft betreiben. Dort besucht sie die Oberschule. Christas Jugend fällt in die Zeit des Nationalsozialismus, sodass sie ab 1941 Mitglied des BDMs ist. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs begibt sich Wolf mit dem Flüchtlingsstrom nach Mecklenburg und ist zunächst von ihren Eltern getrennt: Die Mutter ist nicht bereit, das Haus der Familie aufzugeben, der Vater befindet sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.

Die Familie findet später im mecklenburgischen Dorf Gammelin wieder zusammen. Um ihre Mutter zu unterstützen, übernimmt Christa Wolf dort Schreibarbeiten beim örtlichen Bürgermeister und andere Hilfsarbeiten. Danach zieht die Familie nach Bad Frankenhausen in Thüringen um, wo Wolf im Jahr 1949 ihre Schullaufbahn mit dem Abitur abschließt. In diesem Jahr tritt sie der SED bei, der Sozialistischen Einheitspartei der am 7.10.1949 gegründeten DDR. Danach studiert sie bis 1953 Germanistik und Pädagogik in Jena und Leipzig, und zwar mit dem Ziel, Lehrerin zu werden und zur sozialistischen Bildung des Menschen ihren Beitrag zu leisten.

1953 heiratet die Autorin ihren Kommilitonen Gerhard Wolf. Im Jahr darauf kommt die gemeinsame Tochter Anette zur Welt, 1956 folgt mit Katrin die zweite Tochter nach. Für die junge Frau ist es in dieser Zeit schwierig, die Versorgung der Kinder und das Studium miteinander zu vereinbaren. Während des Studiums arbeitet sie bis 1955 für den ”Deutschen Schriftstellerverband” und wird 1956 Cheflektorin des Verlags ”Neues Leben”. In den Jahren 1958/59 ist sie Redakteurin der Zeitschrift ”Neue Deutsche Literatur” und unternimmt in dieser Funktion einige Reisen nach Moskau. 1959 zieht sie mit ihrem Mann und ihren Töchtern nach Halle an der Saale, um die Realität der Arbeiterwelt intensiv kennenzulernen. Dafür wird sie Mitglied einer Brigade im VEB Waggonbau Ammendorf. Daneben unterhält sie mit ihrem Mann einen Schreibzirkel für Arbeiter.

1961 veröffentlicht Christa Wolf mit der ”Moskauer Novelle” ihr erstes Werk, das aber keine große Aufmerksamkeit erregt, im Westen Deutschlands gar nicht erscheint und erst später in ihre Werkausgabe aufgenommen wurde. Der Durchbruch gelingt Wolf 1963 mit ”Der geteilte Himmel”. Das Werk entspringt den Erfahrungen im VEB Waggonbau Ammendorf. Die Schriftsteller wurden durch Beschlüsse auf der sogenannten ”Bitterfelder Konferenz” aufgefordert, in den Betrieben die Realität der Arbeiter kennenzulernen. Ihre Erfahrung in Halle verarbeitet Wolf in diesem Roman und arbeitet dabei die Teilung Deutschlands auf. Die Heldin des Romans, Rita Seidel, entscheidet sich bewusst dafür, in der DDR zu bleiben. Für das Werk erhält die Autorin den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR.

1967 entsteht in Zusammenarbeit mit ihrem Mann das Filmprojekt ”Fräulein Schmetterling”, eine moderne, märchenhafte Inszenierung über die Träume des Glücks der jungen Helene Raupe, das jedoch durch die Zensur in der DDR verboten wird.

Die im selben Jahr veröffentlichte Erzählung ”Juninachmittag” passierte jedoch ungehindert die Zensur. Mit diesem Buch, das bereits 1969 in der BRD editiert wird, gelingt Christa Wolf der Durchbruch auch außerhalb der DDR. Die Geschichte um die Figur Christa T., die an Leukämie stirbt und in ihren hinterlassenen Aufzeichnungen davon berichtet, dass sie sich nie in den sozialistischen Alltag integrieren konnte, erscheint in der DDR zunächst nur in einer sehr kleinen Auflage. In der BRD ist das Buch erfolgreich. Eine zweite, auf 1968 zurückdatierte Auflage macht das Werk der breiten Öffentlichkeit in der DDR zugänglich. Der Roman wird ein Bestseller, daher darf die Autorin in der Folge Lesereisen in das Ausland unternehmen, u.a. nach Westdeutschland, Paris und Stockholm.

Im 1976 veröffentlichten, biografisch gefärbten Text ”Kindheitsmuster” schildert die Autorin wieder die Geschichte einer Protagonistin, die sich bewusst für das Leben in der DDR entscheidet.  In dieser Zeit verändert sich Christa Wolfs Schreiben. Sie nutzt vermehrt die Vergangenheit als Schablone, um aktuelle gesellschaftliche und soziale Zustände zu problematisieren. Der erste Text dieser Art des Schreibens ist die Erzählung ”Kein Ort. Nirgends” (1979), es folgt 1983 ”Kassandra”. Währenddessen zementiert sich Wolfs Ruhm, sodass sie 1980 den Georg-Büchner-Preis, den höchsten Literatur-Preis der BRD, erhält und 1981 in Westberlin in die Akademie der Künste aufgenommen wird. Außerdem erhält Wolf 1983 die Ehrendoktorwürde der Ohio-State-University, 1984 wird sie Mitglied in der Europäischen Akademie der Künste und 1985 erhält die Autorin die Ehrendoktorwürde der Universität Hamburg.

1987 veröffentlicht Christa Wolf den Text ”Störfall. Nachrichten eines Tages” als Reaktion auf die Atomkatastrophe in Tschernobyl ein Jahr zuvor. Im Jahr 1989 erscheint das Buch ”Sommerstücke”, das Erinnerungen an die DDR der 1970er Jahre enthält. Im selben Jahr tritt Wolf aus der SED aus.  Darauf folgen Texte, die kritisch diskutiert werden, zumal sie mit der problematischen Rolle Christa Wolfs in der DDR im Zusammenhang stehen. Der erste Text nach den Enthüllungen um ihre Rolle in der DDR ist 1996 ”Medea.Stimmen”, der ebenfalls kontrovers diskutiert wird.

Die in den folgenden Jahren erscheinenden Veröffentlichungen reflektieren den Zusammenbruch der DDR: ”Hierzulande Andernorts” (1999), ”Leibhaftig” (2002) und ”Ein Tag im Jahr 1960-2000” (2003). Auf den Erzählband ”Mit anderem Blick” (2005) und einen Band aus Essays und Reden (”Der Worte Adernetz” 2006) folgt 2010 der autobiografisch gefärbte Roman ”Stadt der Engel”, in dem die Autorin ihre persönliche Situation zur Zeit der Stasi-Vorwürfe verarbeitet. Christa Wolf stirbt am 1.12.2011 in Berlin. Posthum erscheint 2012 die Erzählung ”August”, die die Erinnerungen des Busfahrers August an die Kriegs- und Nachkriegszeit beinhaltet.

Unsere produkte für Christa Wolf