Arkadi Tscheidse

Der populäre Künstler

Arkadi Tscheidse verkörpert eine besondere Figur in Bertolt Brechts Drama Der kaukasische Kreidekreis dar, weil er als Sänger und Erzähler sowohl in der Rahmen- als auch in der Binnenhandlung des Stückes (siehe Analyse „Aufbau“) auftritt. Den Nachnamen lehnt der Schriftsteller an den georgischen Revolutionär Nicolos Tschcheidse an, der für seinen Kampf gegen Lenin und Stalin berühmt war.

In seinem ersten Auftritt ist die Figur zunächst Teil der Rahmenhandlung. Nach dem Streit zweier Kolchosen um ein Tal im Kaukasus will man die Einigung der Parteien mit einer schauspielerischen Darbietung feiern. Der Theatermacher Tscheidse ist für die Aufführung verantwortlich: „Genossen, es ist geplant […] ein Theaterstück unter Mitwirkung des Sängers Arkadi Tscheidse aufzuführen, das mit unserer Frage zu tun hat […]“ (S. 12).

Der eigens engagierte Tscheidse scheint nicht nur ein sehr begabter, sondern auch ein berühmter und gefragter Künstler zu sein: „Arkadi Tscheidse kann 21.000 Verse. […] Wir haben das Stück unter seiner Leitung einstudiert. Man kann ihn übrigens nur sehr schwer bekommen“ (S. 12). Entsprechend respektvoll wird er vom Publikum empfangen: „Es ehrt mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen. Von ihren Gesängen habe ich schon auf der Schulbank gehört“ (S. 13).

Brecht beschreibt den beliebten Sänger als „stämmige[n] Mann von einfachem Wesen“ (S. 13). Tscheidse erscheint in Begleitung seiner Musiker, die ihn mit ihren Instrumenten begleiten sollen. Das erwartete Theaterstück kündigt er als alte Sage aus dem Chinesischen mit dem Titel »Der Kreidekreis« an. Der kluge Arkadi erwähnt zudem, dass sich „alte und neue Weisheit […] ausgezeichnet“ (ebd.) mischen würden und deutet damit auf eine Parallele zwischen dem Kolchosenstreit und der nun folgenden Aufführung hin. Darüber hinaus seien es „eigentlich zwei Geschichten“ (S. 14), deren Darbietung ein paar Stunden in Anspruch nehme.

Vermittler zwischen Geschichte und Publikum

Bei der auf die Ankündigung Arkadis folgenden Binnenhandlung  des gesamten Werkes handelt es sich gewissermaßen um ein Spiel im Spiel. Tscheidse und seine Musiker tragen fortan die Musik des von Brecht engagierten Komponisten Paul Dessau vor. Sie sind nun nicht mehr Teil der Handlung, sondern geben diese als allwissende Erzähler wieder.

Damit ist Tscheidse dem Geschehen auf der Bühne übergeordnet. Seine Aufgabe besteht nun darin, den Zuschauern den Fortgang der Geschichte zu vermitteln und das Dargebotene zu kommentieren. Brecht platziert ihn „vor seinen Musikern auf dem Boden sitzend, einen schwarzen Umhang aus Schafsleder um die Schultern“ während er „in einem abgegriffenen Textbüchlein mit Zetteln“ blättert (...

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