Zeit

Erzählte Zeit und Erzählzeit

Im Vorspiel bzw. ersten Bild des »Kaukasischen Kreidekreises« sind die Erzählzeit und die erzählte Zeit nahezu deckungsgleich. Die Kolchosmitglieder sitzen zusammen und diskutieren über die Zukunft des Tals. Dieses Ereignis wird von Brecht ohne Zeitsprünge oder Dehnungen geschildert.

Ganz anders gestaltet sich dies in der Binnengeschichte, deren zeitlicher Ablauf von dem Erzähler Arkadi Tscheidse gestaltet wird. Tscheidse variiert das Verhältnis zwischen erzählter Zeit und Erzählzeit, indem er mal zeitdehnend, mal zeitraffend und dann wieder zeitdeckend erzählt.

Als Regisseur des Spiels-im-Spiel entscheidet sich Tscheidse, die Grusche- und die Azdak-Handlung nacheinander zu erzählen, obwohl die Handlungsstränge zeitlich parallel verlaufen. Nach der Grusche-Handlung kehrt das Geschehen zum Ausgangspunkt der Binnengeschichte zurück und setzt mit der Azdak-Handlung neu an. Im letzten Bild führt Tscheidse die Azdak- und die Grusche-Handlung schließlich zusammen (vgl. Abschnitt „Aufbau“).

Die erzählte Zeit müsste in beiden Geschichten gleich lang sein und sich vom Aufstand der Fürsten am Ostersonntag (vgl. S. 15) bis hin zur Rückkehr des Großfürsten (vgl. S. 100) erstrecken. Folgt man der Grusche-Handlung, so beträgt die erzählte Zeit drei Jahre, da Michel im letzten Akt bereits drei Jahre alt ist (vgl. S. 102) und am Ostersonntag des Fürstenaufstands noch ein Säugling von wenigen Wochen war [das Volk kommt, um den Neugeborenen zu betrachten (vgl. S. 16)].

Ob sich die erzählte Zeit der Azdak-Geschichte ebenfalls auf drei Jahre erstreckt, muss jedoch angezweifelt wer...

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