Gustl und das Militär

Identität als Militär

Bereits der Titel der Novelle verweist auf die Bedeutung, welche dem Militär von Gustl beigemessen wird: Er ist „Lieutenant“ (S. 27) und nimmt demnach in der militärischen Hierarchie – wenn auch einen nicht sehr hohen – Rang innerhalb der Gruppe der Offiziere ein. Die Entscheidung für die militärische Laufbahn fiel allerdings nicht aufgrund wirklicher Interessen oder patriotischer Gefühle. Sie beruht noch nicht einmal auf dem eigenen Entschluss Gustls. Vielmehr wurde er von seinen Eltern in die „Cadettenschule gesteckt“, nachdem er „aus dem Gymnasium hinausgʼschmissen“ (S. 14) worden war.

Die Zugehörigkeit zum Offizierskorps wirkt im Blick auf die höhere Gesellschaftsschicht identitätsstiftend und verleiht dem von Minderwertigkeitsgefühlen geplagten Gustl ein gewisses Selbstwert- und Gemeinschaftsgefühl. Dementsprechend versucht er auch, die demütigende Erinnerung des Schulverweises mit dem erhebenden Gefühl zu kompensieren, das ihn beim ersten Tragen der Uniform übermannte: „Die Leutʼ können eben Unsereinʼn nicht verstehʼn, sie sind zu dumm dazu … Wenn ich mich so erinnerʼ, wie ich das erstemal den Rock angehabt hab – so was erlebt eben nicht Jeder“ (S. 14).

Die grundsätzliche Problematik besteht darin, dass sich Gustl vollständig über seine Zugehörigkeit zum Militär definiert, ohne dabei eine eigenständige Identität auszubilden. Wie sehr er sich in diesem Zusammenhang dem Kollektiv und den dort geltenden Werten und Normen unterord...

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