Merkmale des Biedermeiers im Werk

Die kurze Erzählung

Der Biedermeier gehört neben dem sogenannten „Jungen Deutschland“ und dem Vormärz zu den wichtigen Strömungen der Restaurationszeit. Zunächst bezeichnete der Begriff vor allem die Mode, die Architektur und die Bildende Kunst dieser Zeit. Doch im Nachhinein wurde auch die Literatur mit diesem ursprünglich spöttischen Begriff in Verbindung gebracht. Der Biedermeier wurde zunächst als eine Figur ins Leben gerufen, die den typischen Spießbürger parodieren sollte. Später wurde der Begriff neutraler verwendet, und zwar als Bezeichnung einer kulturellen Strömung.

Die Novelle ist eine ganz typische Textsorte in der Biedermeier-Epoche. Die epischen Texte wurden häufig kurz gehalten: Novellen, Märchen, Stimmungsbilder und Kurzgeschichten waren modern, weil man sich in Autorenkreisen wunderbar beim sozialen Beisammensein darüber austauschen konnte.

Häuslichkeit und Ordnung

Im Biedermeier werden die Lebensverhältnisse der Kleinbürger beschrieben und häufig verklärt. Die Häuslichkeit und die Idylle eines einfachen Familienlebens in beschaulicher Umgebung sind die Ideale der Zeit. Sein Glück sucht der angepasste Kleinbürger nicht in der weiten Welt, sondern im Inneren, in der Heimat und in der Familie. Bescheidenheit ist wichtig und es gilt als positiv, sich mit einem Schicksal abzufinden, das womöglich erst einmal alles andere als perfekt aussieht.

Die kümmerliche Lebensweise der Bauern und speziell Friedrichs Familiensituation kontrastieren völlig mit der idyllischen biedermeierlichen Auffassung des Familienlebens. Von Glück ist in Die Judenbuche nicht die Rede. In der Geschichte folgt eine grausige Tat auf die andere und das Familienleben des Protagonisten gleicht einem Schlachtfeld. Das Dorf B. ist finster. Die Lebenswelt der Figuren ist kein kleinbürgerliches Idyll, sondern eine verarmte Dorfgesellschaft, in der die Leute sich mit ihrem Schicksal abfinden sollen.

Diese Häuslichkeit lässt sich nur in der Beschreibung der Familie des Gutsherrn im Text wiederfinden. Die konservativen Werte und das Streben nach Ordnung werden noch am ehesten durch den Förster Brandis, den Gutsherrn und seine Frau repräsentiert.  

Politik und Resignation

Die Werke des Biedermeiers sind typischerweise im Gegensatz zu den Werken der anderen Strömungen unpolitisch. Die Autoren haben zum großen Teil auch gar keine Möglichkeit, sich in ihren Werken politisch zu äußern, denn alle Veröffentlichungen der Printmedien unterliegen schließlich einer Kontrolle und eventueller Zensur (siehe Abschnitt „Das Zeitalter der Restauration“).

Die kriminalistische Novelle Die Judenbuche ist durch eine gewisse Gesellschaftskritik gekennzeichnet (siehe Interpretation „Recht), befürwortet aber keine bestimmte politische Lösung.  Die Autorin stattet den Gutsherrn in der Geschichte, den Herr von S., mit einer schmeichelhaften Rolle aus. Außerdem verdeutlicht A. v. Droste-Hülshoff das gesellschaftliche Phänomen des Judenhasses an einem Fallbeispiel. Die gesellschaftlichen Inhalte, so wie der Holzfrevel, werden in der Novelle beschrieben, jedoch nicht direkt kritisiert.

Die weitgehend unpolitische Haltung der Biedermeierzeit wird mit Resignation und Pessimismus gemischt. In der Novelle scheint Friedrich seinem Schicksal ausgeliefert zu sein. Er scheint aufgrund seines Milieu- und Familienhintergrunds auf die schiefe Bahn zu geraten (siehe Interpretation „Milieueinwirkung“). Nach seiner wahrscheinlichen Mordtat muss er flüchten. In der ganzen Geschichte nimmt die Autorin die sozialen Missstände im Dorf B. wahr.

Heimatbewusstsein und Religion

Heimatbewusstsein und eine tiefe Gläubigkeit prägen viele biedermeierliche Werke. Mit ihrem Sittengemälde zeichnet die Autorin ein Bild eines Ausschnitts des damaligen Westfalen. In der Novelle Die Judenbuche ist der katholische Glaube die vorherrschende Religion. Besonders die Figur Margreth Mergel ist tief religiös. Der Versuch, sich mit ihrem Schicksal abzufinden und ein angepasstes, or...

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